Empirische Forschung in BWL Bachelorarbeit

Warum empirische Forschung in der BWL?

Die empirische Forschung stellt viele BWL-Studierende vor große Herausforderungen. Während theoretische Arbeiten sich auf bestehende Literatur stützen, erfordert eine empirische Bachelorarbeit die eigenständige Erhebung und Auswertung von Daten. Doch genau diese praktische Komponente macht empirische Arbeiten so wertvoll: Sie liefern neue Erkenntnisse, die direkt aus der Realität stammen.

Empirische Forschung bedeutet, dass Sie Hypothesen nicht nur theoretisch herleiten, sondern mit realen Daten überprüfen. In der BWL eröffnet dies vielfältige Möglichkeiten: Sie können Konsumentenverhalten untersuchen, Führungsstile analysieren, Marketingstrategien evaluieren oder Organisationsstrukturen erforschen.

Vorteile empirischer Forschung in der BWL

  • Praxisrelevanz: Ihre Erkenntnisse haben direkten Bezug zur Unternehmenspraxis
  • Eigenständige Leistung: Sie generieren neue Daten statt nur Literatur zusammenzufassen
  • Methodenkompetenz: Sie erwerben wertvolle Skills für Ihre Karriere
  • Höhere Bewertung: Empirische Arbeiten werden oft besser bewertet als rein theoretische
  • Differenzierung: Sie heben sich von anderen Absolventen ab

Die empirische Forschung gliedert sich grundsätzlich in zwei Hauptrichtungen: quantitative und qualitative Methoden. Beide haben ihre Berechtigung und Stärken – die Wahl hängt von Ihrer Forschungsfrage ab.

Empirie ist komplex – wir helfen!

Unsere Experten unterstützen Sie bei allen Phasen Ihrer empirischen Forschung – von der Methodenwahl bis zur Auswertung.

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Quantitative vs. Qualitative Forschung

Die Entscheidung zwischen quantitativer und qualitativer Forschung ist eine der wichtigsten in Ihrer Bachelorarbeit. Beide Ansätze unterscheiden sich fundamental in ihrer Herangehensweise, ihren Zielen und ihren Methoden.

KriteriumQuantitative ForschungQualitative Forschung
ZielMessen, Zahlen, StatistikVerstehen, Interpretieren, Tiefe
StichprobeGroß (ab 100 Personen)Klein (5-20 Personen)
DatenerhebungStandardisierte FragebögenInterviews, Beobachtungen
AuswertungStatistische Verfahren (SPSS)Inhaltsanalyse, Kodierung
ErgebnisVerallgemeinerbare AussagenDetaillierte Einblicke
ZeitaufwandMittel (Auswertung automatisiert)Hoch (Transkription, Kodierung)

Wann welche Methode?

Die Wahl der Methode sollte sich immer aus Ihrer Forschungsfrage ableiten. Folgende Orientierungshilfe kann Ihnen bei der Entscheidung helfen:

Quantitative Forschung eignet sich, wenn Sie...

  • Zusammenhänge zwischen Variablen testen möchten
  • Hypothesen überprüfen wollen
  • Verallgemeinerbare Aussagen treffen möchten
  • Große Stichproben erreichen können
  • Messbare Größen untersuchen

Qualitative Forschung eignet sich, wenn Sie...

  • Neues Terrain erkunden
  • Motive und Einstellungen verstehen möchten
  • Komplexe Prozesse analysieren
  • Tiefe Einblicke gewinnen wollen
  • Experteneinschätzungen benötigen

Beispiele aus der BWL

Quantitative Forschungsfragen:

  • "Welcher Zusammenhang besteht zwischen Mitarbeiterzufriedenheit und Produktivität?"
  • "Wie beeinflussen Social-Media-Aktivitäten die Kaufabsicht von Konsumenten?"
  • "Welche Faktoren determinieren die Kundenloyalität im E-Commerce?"
  • "Gibt es Unterschiede in der Risikobereitschaft zwischen männlichen und weiblichen Investoren?"

Qualitative Forschungsfragen:

  • "Wie erleben Führungskräfte den digitalen Wandel in ihrem Unternehmen?"
  • "Welche Faktoren beeinflussen Karriereentscheidungen von Generation Z?"
  • "Wie gestaltet sich der Innovationsprozess in Start-ups?"
  • "Warum scheitern Change-Management-Prozesse in mittelständischen Unternehmen?"

Entscheidungsbaum zur Methodenwahl

Entscheidungshilfe in 4 Schritten:

  1. Prüfen Sie Ihre Forschungsfrage: Beginnt sie mit "Wie viele?", "Wie stark?" → Quantitativ. Beginnt sie mit "Wie?", "Warum?" → Qualitativ.
  2. Bewerten Sie Ihr Vorwissen: Gibt es bereits Theorien und Modelle? → Quantitativ. Ist das Thema neu oder wenig erforscht? → Qualitativ.
  3. Prüfen Sie Ihre Ressourcen: Haben Sie Zugang zu vielen Probanden? → Quantitativ. Haben Sie Zugang zu Experten? → Qualitativ.
  4. Berücksichtigen Sie Ihre Skills: Sind Sie fit in Statistik? → Quantitativ. Sind Sie kommunikativ und analytisch? → Qualitativ.

Quantitative Forschung in der BWL

Quantitative Forschung basiert auf der Erhebung und statistischen Auswertung von Daten. In der BWL ist dies die am häufigsten gewählte Methode, da sie objektive, messbare Ergebnisse liefert und sich gut für die Überprüfung von Hypothesen eignet.

Umfrage-Design: Die Grundlage erfolgreicher Forschung

Ein gut konzipiertes Umfrage-Design ist entscheidend für die Qualität Ihrer Forschung. Folgende Schritte sollten Sie dabei beachten:

Checkliste für Ihr Umfrage-Design:

  • Forschungsziel definieren: Was genau möchten Sie herausfinden?
  • Zielgruppe festlegen: Wer soll befragt werden?
  • Operationalisierung: Wie messen Sie abstrakte Konzepte?
  • Fragebogenstruktur: Logischer Aufbau der Fragen
  • Pretest durchführen: Testen Sie den Fragebogen vorab
  • Ethische Aspekte: Datenschutz und Anonymität gewährleisten

Stichprobengröße berechnen

Eine der häufigsten Fragen bei quantitativer Forschung: Wie viele Teilnehmer benötige ich? Die Antwort hängt von mehreren Faktoren ab:

Faustregel für Stichprobengrößen in BWL-Bachelorarbeiten

  • Minimum: 100 Teilnehmer für deskriptive Statistik
  • Empfohlen: 150-200 Teilnehmer für Regressionsanalysen
  • Optimal: 250+ Teilnehmer für komplexe statistische Verfahren

Wichtig: Die tatsächlich benötigte Stichprobengröße hängt ab von der gewünschten statistischen Power, dem Signifikanzniveau und der erwarteten Effektgröße. Online-Rechner wie G*Power können Ihnen bei der exakten Berechnung helfen.

Fragebogen erstellen: Schritt für Schritt

Der Fragebogen ist Ihr zentrales Instrument. Ein professionell gestalteter Fragebogen erhöht die Rücklaufquote und die Datenqualität erheblich.

Struktur eines optimalen Fragebogens:

  1. Einleitung: Begrüßung, Zweck der Umfrage, Datenschutzhinweis, geschätzte Dauer
  2. Eisbrecherfragen: Einfache, nicht-sensitive Fragen zum Einstieg
  3. Hauptteil: Kernfragen in logischer Reihenfolge
  4. Demografische Fragen: Am Ende platzieren
  5. Abschluss: Dankesworte, optional: Kontaktdaten für Ergebnisse

Beispiel: Fragebogen-Vorlage für Kundenzufriedenheit im E-Commerce

Einleitung:
"Herzlichen Dank für Ihre Teilnahme an dieser Umfrage! Im Rahmen meiner Bachelorarbeit untersuche ich die Faktoren, die die Kundenzufriedenheit in Online-Shops beeinflussen. Die Befragung dauert ca. 8 Minuten. Ihre Angaben werden selbstverständlich anonym und vertraulich behandelt."

Beispiel-Fragen (Likert-Skala 1-5):

  • "Die Navigation im Online-Shop ist übersichtlich." (1 = stimme gar nicht zu, 5 = stimme voll zu)
  • "Die Produktbeschreibungen sind informativ und hilfreich."
  • "Die Lieferzeit entspricht meinen Erwartungen."
  • "Ich würde diesen Shop weiterempfehlen."

Vermeiden Sie diese Fragebogen-Fehler:

  • Leading Questions: "Stimmen Sie zu, dass unser hervorragender Service..." → Neutral formulieren!
  • Double-Barreled Questions: "Sind Sie mit Preis und Qualität zufrieden?" → Zwei separate Fragen!
  • Zu komplexe Formulierungen: Verwenden Sie einfache, klare Sprache
  • Zu viele offene Fragen: Diese erhöhen den Aufwand und senken die Rücklaufquote
  • Fehlende Antwortkategorien: Immer "weiß nicht" oder "keine Angabe" anbieten

Online-Tools für Umfragen

Moderne Online-Tools erleichtern die Durchführung von Umfragen erheblich. Hier ein Überblick über die gängigsten Plattformen:

ToolVorteileNachteileKosten
SurveyMonkeyIntuitiv, viele Vorlagen, gute AnalyseKostenlose Version limitiertBasis gratis, Premium ab 30€/Monat
LimeSurveyOpen Source, keine Limits, DSGVO-konformKomplexere EinrichtungKostenlos (selbst hosten)
Google FormsKostenlos, einfach, Integration mit ExcelBegrenzte Analyse-FunktionenKostenlos
TypeformModernes Design, hohe UsabilityTeuer für viele AntwortenBasis gratis, Pro ab 25€/Monat

Tipp für Studierende: Viele Universitäten bieten kostenlose Lizenzen für Umfrage-Tools an. Fragen Sie bei Ihrem Rechenzentrum oder der Bibliothek nach!

Datenauswertung mit SPSS und Excel

Nach der Datenerhebung folgt die Auswertung. Hier stehen Ihnen verschiedene Werkzeuge zur Verfügung:

SPSS (Statistical Package for the Social Sciences)

SPSS ist der Standard für statistische Analysen in der empirischen BWL-Forschung. Das Programm ermöglicht komplexe Auswertungen von deskriptiver Statistik bis zu multivariaten Verfahren.

Wichtigste SPSS-Funktionen für BWL-Bachelorarbeiten:

  • Deskriptive Statistik: Mittelwert, Median, Standardabweichung
  • Häufigkeitsanalysen: Verteilungen und Kreuztabellen
  • Korrelationsanalysen: Zusammenhänge zwischen Variablen
  • Regressionsanalysen: Einfluss von unabhängigen auf abhängige Variablen
  • t-Tests: Mittelwertvergleiche zwischen Gruppen
  • ANOVA: Varianzanalysen für mehrere Gruppen
  • Faktorenanalyse: Dimensionsreduktion bei vielen Variablen

Excel als Alternative

Für einfachere Auswertungen reicht oft auch Microsoft Excel. Das Programm bietet grundlegende statistische Funktionen und ist für die meisten Studierenden leichter zugänglich als SPSS.

Beispiel-Auswertung in Excel:

  1. Daten aus Online-Tool exportieren (meist als CSV oder Excel-Datei)
  2. Daten bereinigen: Unvollständige Antworten entfernen
  3. Deskriptive Statistik berechnen: =MITTELWERT(), =STABW.S()
  4. Pivot-Tabellen für Häufigkeitsanalysen erstellen
  5. Diagramme für Visualisierung nutzen
  6. Korrelationen mit =KORREL() berechnen

Datenauswertung mit SPSS – wir übernehmen das für Sie!

Statistische Auswertungen sind komplex und zeitaufwendig. Unsere Experten helfen Ihnen bei der professionellen Analyse Ihrer Daten.

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Qualitative Forschung in der BWL

Während quantitative Forschung auf Zahlen und Statistik setzt, zielt qualitative Forschung auf ein tiefes Verständnis von Phänomenen ab. Sie ist besonders wertvoll, wenn es um komplexe Zusammenhänge, Motive oder neue Themenbereiche geht.

Experteninterviews führen

Das Experteninterview ist die beliebteste qualitative Methode in BWL-Bachelorarbeiten. Ein Experte ist dabei jemand, der über besonderes Wissen zu Ihrem Forschungsthema verfügt – etwa Führungskräfte, Branchenkenner oder erfahrene Praktiker.

Expertenauswahl:

  • Relevanz: Hat der Experte direkten Bezug zu Ihrem Thema?
  • Erfahrung: Mindestens 3-5 Jahre praktische Erfahrung
  • Diversität: Verschiedene Perspektiven abdecken
  • Anzahl: 5-8 Interviews für eine Bachelorarbeit
  • Erreichbarkeit: Realistische Einschätzung der Verfügbarkeit

Vorbereitung des Interviews:

  1. Kontaktaufnahme: Professionelle E-Mail mit Vorstellung, Thema und Zeitrahmen
  2. Terminvereinbarung: Flexibilität zeigen, Zeitpuffer einplanen
  3. Leitfaden erstellen: Strukturierte, aber flexible Frageliste
  4. Technik prüfen: Aufnahmegerät testen, Ersatzbatterie mitnehmen
  5. Einverständniserklärung: Schriftliche Zustimmung zur Aufnahme einholen

Interviewleitfaden erstellen

Ein guter Leitfaden ist semi-strukturiert: Er gibt Orientierung, lässt aber Raum für spontane Vertiefungen. Der Leitfaden sollte nicht abgelesen, sondern als Gedankenstütze genutzt werden.

Beispiel-Leitfaden: Digitalisierung im Mittelstand

Einstieg (Warming-Up):

  • "Könnten Sie kurz Ihre aktuelle Position und Ihren Verantwortungsbereich beschreiben?"
  • "Wie lange sind Sie bereits im Unternehmen tätig?"

Hauptteil (thematische Blöcke):

Block 1: Ist-Situation

  • "Wie würden Sie den aktuellen Digitalisierungsgrad in Ihrem Unternehmen einschätzen?"
  • "Welche digitalen Tools und Systeme nutzen Sie bereits?"

Block 2: Herausforderungen

  • "Welche Hindernisse erleben Sie bei der Digitalisierung?"
  • "Wie reagieren Mitarbeiter auf digitale Veränderungen?"

Block 3: Erfolgsfaktoren

  • "Was waren aus Ihrer Sicht die wichtigsten Erfolgsfaktoren bei bisherigen Digitalisierungsprojekten?"
  • "Welche Rolle spielt die Führungsebene dabei?"

Abschluss:

  • "Gibt es noch etwas Wichtiges, das wir noch nicht besprochen haben?"
  • "Vielen Dank für Ihre Zeit! Darf ich Sie bei Rückfragen nochmals kontaktieren?"

Durchführungstipps für erfolgreiche Interviews:

  • Aktives Zuhören: Konzentrieren Sie sich auf den Experten, nicht auf Ihre Notizen
  • Nachfragen: Bitten Sie bei unklaren Aussagen um Konkretisierung
  • Pausen aushalten: Geben Sie dem Experten Zeit zum Nachdenken
  • Neutralität bewahren: Vermeiden Sie Wertungen oder eigene Meinungen
  • Zeit im Blick: Planen Sie 45-90 Minuten ein

Auswertungsmethoden für qualitative Daten

Die Auswertung qualitativer Interviews ist zeitintensiv, aber systematisch. Zwei Hauptmethoden dominieren in der BWL:

Qualitative Inhaltsanalyse nach Mayring

Die strukturierte Inhaltsanalyse nach Mayring ist die am häufigsten verwendete Methode in BWL-Arbeiten. Sie folgt einem klaren, nachvollziehbaren Ablauf:

  1. Transkription: Interviews wörtlich verschriftlichen (Zeitaufwand: ca. 5-6 Stunden pro Stunde Interview)
  2. Kategorienbildung:
    • Deduktiv: Kategorien aus Theorie ableiten
    • Induktiv: Kategorien aus dem Material entwickeln
  3. Kodierung: Textstellen den Kategorien zuordnen
  4. Interpretation: Zusammenhänge und Muster erkennen
  5. Ergebnisdarstellung: Kategorien mit Ankerbeispielen präsentieren

Grounded Theory

Die Grounded Theory eignet sich besonders für explorative Forschung, bei der noch keine etablierten Theorien existieren. Der Ansatz entwickelt Theorien direkt aus den Daten heraus durch einen iterativen Prozess von Datenerhebung und Analyse.

Wichtig bei der Transkription:

  • Nutzen Sie Transkriptionssoftware wie f4transkript oder MAXQDA
  • Legen Sie Transkriptionsregeln fest (z.B. geglättete vs. wörtliche Transkription)
  • Anonymisieren Sie Namen und sensible Informationen
  • Planen Sie ausreichend Zeit ein – Transkription ist sehr zeitaufwendig

Gütekriterien qualitativer Forschung

Anders als bei quantitativer Forschung (Validität, Reliabilität, Objektivität) gelten für qualitative Forschung angepasste Gütekriterien:

GütekriteriumBedeutungWie sicherstellen?
GlaubwürdigkeitSind die Ergebnisse nachvollziehbar?Transparente Darstellung des Vorgehens
ÜbertragbarkeitKönnen Erkenntnisse auf andere Kontexte übertragen werden?Detaillierte Beschreibung des Forschungskontexts
ZuverlässigkeitIst der Forschungsprozess dokumentiert?Lückenlose Dokumentation aller Schritte
BestätigbarkeitSind Interpretationen intersubjektiv nachvollziehbar?Ankerbeispiele und Zitate verwenden

Schritt-für-Schritt Anleitung zur empirischen Forschung

Unabhängig davon, ob Sie sich für quantitative oder qualitative Forschung entscheiden: Der grundlegende Ablauf empirischer Arbeiten folgt einem bewährten Schema.

Schritt 1: Forschungsfrage formulieren

Die Forschungsfrage ist das Fundament Ihrer gesamten Arbeit. Sie sollte präzise, relevant und empirisch untersuchbar sein.

Kriterien einer guten Forschungsfrage:

  • Spezifisch: Nicht zu breit gefasst
  • Relevant: Wissenschaftlich und praktisch bedeutsam
  • Empirisch untersuchbar: Mit verfügbaren Methoden beantwortbar
  • Realistisch: Im Rahmen einer Bachelorarbeit machbar
  • Klar formuliert: Keine mehrdeutigen Begriffe

Beispiele für Forschungsfragen:

Zu breit: "Wie wirkt sich Social Media auf Unternehmen aus?"

Besser: "Welcher Zusammenhang besteht zwischen der Social-Media-Aktivität von KMUs und ihrer Markenbekanntheit?"

Zu vage: "Warum sind Mitarbeiter unzufrieden?"

Besser: "Welche Faktoren beeinflussen die Arbeitszufriedenheit von Mitarbeitern in der deutschen Automobilindustrie?"

Schritt 2: Hypothesen ableiten

Hypothesen sind begründete Vermutungen über Zusammenhänge, die Sie empirisch überprüfen möchten. Sie werden aus der Theorie abgeleitet und sollten falsifizierbar sein.

Formulierung von Hypothesen:

  • H1: Je höher die Mitarbeiterzufriedenheit, desto höher die Produktivität.
  • H2: Unternehmen mit aktiver Social-Media-Präsenz haben eine höhere Kundenbindung als Unternehmen ohne Social-Media-Aktivitäten.
  • H3: Transformationale Führung führt zu höherer Innovationsbereitschaft bei Mitarbeitern.

Hinweis: Bei qualitativer Forschung werden oft keine Hypothesen vorab formuliert, sondern explorative Forschungsfragen gestellt.

Schritt 3: Methode wählen und operationalisieren

Jetzt konkretisieren Sie, wie Sie Ihre abstrakten Konzepte messbar machen (Operationalisierung).

Beispiel Operationalisierung: "Mitarbeiterzufriedenheit"

Abstrakt: Mitarbeiterzufriedenheit

Dimensionen:

  • Zufriedenheit mit Arbeitsaufgaben
  • Zufriedenheit mit Führungsverhalten
  • Zufriedenheit mit Gehalt
  • Zufriedenheit mit Arbeitsbedingungen

Indikatoren (Items):

  • "Meine Arbeitsaufgaben sind abwechslungsreich." (Skala 1-5)
  • "Mein Vorgesetzter gibt mir regelmäßig Feedback." (Skala 1-5)
  • "Mein Gehalt ist angemessen." (Skala 1-5)

Schritt 4: Daten erheben

Die Datenerhebung ist oft der zeitintensivste Teil Ihrer Arbeit. Planen Sie ausreichend Zeit ein, besonders für:

  • Rekrutierung: Teilnehmer gewinnen dauert länger als gedacht
  • Feldzugang: Bei Unternehmensumfragen oft mehrere Wochen Vorlauf
  • Rücklaufquote: Rechnen Sie mit 10-30% bei Online-Umfragen
  • Erinnerungen: Planen Sie Follow-up-Mails ein

Schritt 5: Daten auswerten

Die Auswertung sollte systematisch erfolgen und Ihre Hypothesen/Forschungsfragen direkt adressieren.

Auswertungsschritte quantitativ:

  1. Datenbereinigung (Missing Values, Ausreißer)
  2. Deskriptive Statistik (Mittelwerte, Häufigkeiten)
  3. Reliabilitätsanalyse (Cronbachs Alpha für Skalen)
  4. Hypothesentests (Korrelationen, Regressionen, t-Tests)
  5. Visualisierung (Diagramme, Tabellen)

Auswertungsschritte qualitativ:

  1. Transkription der Interviews
  2. Kategorienbildung (induktiv/deduktiv)
  3. Kodierung der Textstellen
  4. Zusammenfassung und Interpretation
  5. Ergebnisdarstellung mit Ankerbeispielen

Schritt 6: Ergebnisse interpretieren

Die Interpretation verbindet Ihre empirischen Ergebnisse mit der Theorie. Gehen Sie dabei auf folgende Punkte ein:

  • Hypothesen: Wurden sie bestätigt oder widerlegt? Warum?
  • Theoretischer Bezug: Wie passen die Ergebnisse zur Literatur?
  • Überraschende Befunde: Was war unerwartet?
  • Limitationen: Welche Einschränkungen gibt es?
  • Implikationen: Was bedeuten die Ergebnisse für Theorie und Praxis?

Kostenlose Erstberatung zur empirischen Methodik

Sie sind unsicher bei der Methodenwahl oder Umsetzung? Unsere Experten beraten Sie gerne unverbindlich zu Ihrem Forschungsvorhaben.

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Häufige Fehler vermeiden

Aus jahrelanger Erfahrung in der Betreuung von Bachelorarbeiten kennen wir die typischen Stolperfallen empirischer Forschung. Hier die wichtigsten Fehler und wie Sie diese vermeiden:

Fehler 1: Zu kleine Stichprobe

Problem:

Mit nur 30 Teilnehmern lassen sich keine aussagekräftigen statistischen Analysen durchführen. Die statistische Power ist zu gering, um Effekte nachzuweisen.

Lösung:

  • Planen Sie frühzeitig die benötigte Stichprobengröße
  • Nutzen Sie Multiple Kanäle zur Teilnehmergewinnung (Social Media, E-Mail, persönliche Ansprache)
  • Bieten Sie Incentives (Verlosung, Zusammenfassung der Ergebnisse)
  • Planen Sie einen Puffer ein: Bei 150 gewünschten Teilnehmern sollten Sie 300-500 Personen ansprechen

Fehler 2: Leading Questions im Fragebogen

Problem:

Fragen wie "Stimmen Sie zu, dass unser ausgezeichneter Kundenservice..." suggerieren bereits die gewünschte Antwort und verzerren die Ergebnisse.

Lösung:

  • Formulieren Sie neutral: "Wie bewerten Sie unseren Kundenservice?"
  • Vermeiden Sie Wertungen in der Frage
  • Lassen Sie Ihren Fragebogen von unbeteiligten Personen gegenlesen
  • Führen Sie einen Pretest durch

Fehler 3: Fehlende Operationalisierung

Problem:

Abstrakte Konzepte wie "Erfolg", "Zufriedenheit" oder "Innovation" werden nicht konkret messbar gemacht. Die Frage "Sind Sie erfolgreich?" ist zu vage.

Lösung:

  • Zerlegen Sie abstrakte Konzepte in messbare Dimensionen
  • Nutzen Sie etablierte Skalen aus der Literatur
  • Definieren Sie klar, was Sie unter dem Konzept verstehen
  • Verwenden Sie mehrere Items pro Dimension (mindestens 3-4)

Fehler 4: Unzureichende Auswertung

Problem:

Es werden nur Häufigkeiten dargestellt, aber keine Zusammenhänge oder Hypothesentests durchgeführt. Die Arbeit bleibt deskriptiv.

Lösung:

  • Planen Sie die Auswertung bereits bei der Fragebogenerstellung
  • Überlegen Sie, welche statistischen Tests Sie benötigen
  • Gehen Sie über reine Häufigkeitsauszählungen hinaus
  • Testen Sie Ihre Hypothesen mit geeigneten Verfahren
  • Nutzen Sie professionelle Software (SPSS) statt nur Excel

Fehler 5: Mangelnde Dokumentation

Problem:

Das methodische Vorgehen wird nicht ausreichend beschrieben. Andere Forscher könnten die Studie nicht replizieren.

Lösung:

  • Beschreiben Sie jedes Detail Ihres Vorgehens
  • Fügen Sie den Fragebogen/Interviewleitfaden im Anhang bei
  • Dokumentieren Sie die Rekrutierung der Teilnehmer
  • Erklären Sie alle Auswertungsschritte nachvollziehbar
  • Begründen Sie methodische Entscheidungen

Fehler 6: Fehlende Gütekriterien

Problem:

Es wird nicht geprüft, ob die Messinstrumente zuverlässig und valide sind. Die Qualität der Daten bleibt unklar.

Lösung:

  • Berechnen Sie Cronbachs Alpha für Ihre Skalen (sollte > 0,7 sein)
  • Prüfen Sie die Validität (messen Sie wirklich das, was Sie messen wollen?)
  • Dokumentieren Sie die Gütekriterien im Methodenteil
  • Bei qualitativer Forschung: Sichern Sie Transparenz und Nachvollziehbarkeit

Fehler 7: Falscher Zeitplan

Problem:

Die Datenerhebung wird zeitlich unterschätzt. Zwei Wochen vor Abgabe sind erst 20 Fragebögen ausgefüllt.

Lösung:

  • Erstellen Sie einen realistischen Zeitplan
  • Beginnen Sie mit der Datenerhebung so früh wie möglich
  • Planen Sie Puffer für niedrige Rücklaufquoten ein
  • Starten Sie mit dem Theorieteil parallel zur Datenerhebung

Beispiel: Empirische BWL-Bachelorarbeit

Zum Abschluss präsentieren wir Ihnen ein vollständiges Beispiel einer empirischen Bachelorarbeit, um die theoretischen Konzepte zu veranschaulichen.

Titel: "Einflussfaktoren auf die Kaufabsicht bei Online-Lebensmitteleinkäufen – Eine quantitative Analyse deutscher Konsumenten"

Forschungsfrage:
Welche Faktoren beeinflussen die Kaufabsicht von deutschen Konsumenten beim Online-Lebensmitteleinkauf?

Hypothesen:

  • H1: Eine positive Einstellung zu Online-Shopping erhöht die Kaufabsicht für Online-Lebensmittel.
  • H2: Wahrgenommenes Vertrauen in den Online-Händler steigert die Kaufabsicht.
  • H3: Die wahrgenommene Convenience erhöht die Kaufabsicht.
  • H4: Bedenken hinsichtlich Produktqualität senken die Kaufabsicht.

Methode:

  • Design: Quantitative Online-Befragung
  • Stichprobe: n = 247 deutsche Konsumenten, Alter 18-65 Jahre
  • Rekrutierung: Social Media (LinkedIn, Facebook), Uni-Verteiler, Schneeballsystem
  • Instrument: Standardisierter Fragebogen mit 28 Items (5-Punkt-Likert-Skala)
  • Tool: LimeSurvey
  • Zeitraum: 4 Wochen Feldzeit

Operationalisierung (Auszug):

KonstruktBeispiel-ItemQuelle
Kaufabsicht"Ich beabsichtige, in den nächsten 3 Monaten Lebensmittel online zu kaufen."Venkatesh et al. (2012)
Vertrauen"Ich vertraue darauf, dass Online-Händler meine Daten sicher behandeln."Gefen et al. (2003)
Convenience"Online-Lebensmitteleinkauf spart mir Zeit."Childers et al. (2001)
Qualitätsbedenken"Ich habe Bedenken hinsichtlich der Frische online bestellter Lebensmittel."Eigenentwicklung

Auswertung:

  • Software: SPSS 28
  • Deskriptive Statistik: Mittelwerte, Standardabweichungen, Häufigkeiten
  • Reliabilitätsanalyse: Cronbachs Alpha für alle Skalen (alle > 0,82)
  • Korrelationsanalyse: Pearson-Korrelationen zwischen Variablen
  • Regressionsanalyse: Multiple lineare Regression zur Hypothesenprüfung

Hauptergebnisse:

  • H1 bestätigt: Positive Einstellung → höhere Kaufabsicht (β = 0,34, p < 0,001)
  • H2 bestätigt: Vertrauen → höhere Kaufabsicht (β = 0,41, p < 0,001)
  • H3 bestätigt: Convenience → höhere Kaufabsicht (β = 0,28, p < 0,01)
  • H4 bestätigt: Qualitätsbedenken → niedrigere Kaufabsicht (β = -0,22, p < 0,05)
  • Das Modell erklärt 62% der Varianz in der Kaufabsicht (R² = 0,62)

Auszug aus dem Methodenkapitel:

3. Methodisches Vorgehen

3.1 Forschungsdesign
Zur Beantwortung der Forschungsfrage wurde ein quantitatives Forschungsdesign gewählt. Die Entscheidung für einen quantitativen Ansatz begründet sich durch das Ziel, generalisierbare Aussagen über Einflussfaktoren auf die Kaufabsicht zu treffen und theoriegeleitete Hypothesen zu überprüfen. Mittels einer standardisierten Online-Befragung wurden Daten von einer repräsentativen Stichprobe deutscher Konsumenten erhoben.

3.2 Stichprobe und Datenerhebung
Die Zielgruppe umfasste deutschsprachige Konsumenten im Alter von 18 bis 65 Jahren mit Internetzugang. Die Rekrutierung erfolgte über einen Mehrkanalansatz: Social-Media-Plattformen (LinkedIn, Facebook), universitäre E-Mail-Verteiler sowie das Schneeballverfahren. Insgesamt wurden 312 Fragebögen gestartet, von denen 247 vollständig ausgefüllt wurden (Rücklaufquote: 79,2%). Nach Bereinigung um unvollständige Datensätze und Speedster (Bearbeitungszeit < 3 Minuten) verblieben 234 auswertbare Fälle.

3.3 Messinstrument
Das Messinstrument basierte auf etablierten Skalen aus der Literatur, die für den Kontext Online-Lebensmitteleinkauf adaptiert wurden. Alle Items wurden auf einer 5-Punkt-Likert-Skala (1 = "stimme gar nicht zu" bis 5 = "stimme voll zu") gemessen. Der Fragebogen gliederte sich in folgende Abschnitte:

  • Einleitung mit Datenschutzhinweis
  • Screening-Fragen (Internetnutzung, Alter)
  • Items zu den Konstrukten (28 Items)
  • Demografische Angaben

3.4 Datenauswertung
Die statistische Auswertung erfolgte mit SPSS 28. In einem ersten Schritt wurden die Daten deskriptiv ausgewertet. Anschließend wurde mittels Cronbachs Alpha die interne Konsistenz der Skalen überprüft (alle Werte > 0,80). Zur Hypothesenprüfung kam eine multiple lineare Regressionsanalyse zum Einsatz, bei der die Kaufabsicht als abhängige Variable und die verschiedenen Einflussfaktoren als unabhängige Variablen modelliert wurden.

Wichtige Erkenntnisse aus dem Beispiel:

  • Klare Hypothesen aus der Theorie abgeleitet
  • Ausreichend große Stichprobe (n > 200)
  • Etablierte Skalen aus der Literatur verwendet
  • Transparente Dokumentation aller Schritte
  • Professionelle statistische Auswertung
  • Reliabilitätsprüfung durchgeführt
  • Angemessene Analyseverfahren gewählt

Fazit: Erfolgreich empirisch forschen in der BWL

Empirische Forschung in der BWL-Bachelorarbeit ist anspruchsvoll, aber gleichzeitig eine wertvolle Chance, eigenständige wissenschaftliche Arbeit zu leisten. Die wichtigsten Erfolgsfaktoren lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Die 7 Goldenen Regeln für empirische BWL-Arbeiten:

  1. Früh beginnen: Planen Sie mindestens 4-5 Monate für eine empirische Arbeit ein
  2. Methodisch sauber arbeiten: Dokumentieren Sie jeden Schritt nachvollziehbar
  3. Realistische Ziele setzen: Lieber eine kleinere Fragestellung professionell bearbeiten als sich zu verzetteln
  4. Theoriebezug herstellen: Leiten Sie Hypothesen aus der Literatur ab
  5. Ausreichende Stichprobe: Planen Sie genug Zeit für die Teilnehmergewinnung ein
  6. Professionelle Tools nutzen: Investieren Sie in gute Software (SPSS, LimeSurvey)
  7. Hilfe annehmen: Scheuen Sie sich nicht, Unterstützung zu suchen – bei Betreuern, Kommilitonen oder professionellen Dienstleistern

Ob Sie sich für quantitative oder qualitative Forschung entscheiden: Beide Ansätze haben ihre Berechtigung und können zu wertvollen Erkenntnissen führen. Entscheidend ist, dass Sie die gewählte Methode konsequent und sauber umsetzen.

Die empirische Forschung unterscheidet Sie von vielen anderen Absolventen. Sie zeigen damit, dass Sie nicht nur theoretisches Wissen reproduzieren, sondern eigenständig wissenschaftlich arbeiten können. Diese Kompetenz ist in der Berufspraxis hoch geschätzt – von der Marktforschung über das Controlling bis zum strategischen Management.

Weiterführende Ressourcen:

Empirische Forschung mag zu Beginn überwältigend erscheinen, aber mit der richtigen Vorbereitung, einem strukturierten Vorgehen und der Bereitschaft, sich intensiv mit Methoden auseinanderzusetzen, ist sie absolut machbar. Dieser Leitfaden hat Ihnen die wichtigsten Grundlagen vermittelt – vom Verständnis der verschiedenen Forschungsansätze über die konkrete Umsetzung bis hin zu typischen Fehlern, die Sie vermeiden sollten.

Denken Sie daran: Jede noch so komplexe empirische Studie besteht aus vielen kleinen Schritten. Arbeiten Sie diese systematisch ab, und Sie werden am Ende eine Bachelorarbeit abgeben, auf die Sie stolz sein können.

Professionelle Unterstützung für Ihre empirische Bachelorarbeit

Von der Methodenberatung über die Datenerhebung bis zur statistischen Auswertung – unsere Experten begleiten Sie durch alle Phasen Ihrer empirischen Forschung. Profitieren Sie von jahrelanger Erfahrung in der BWL-Forschung.

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