Unter einem Interview wird eine gezielte Befragung von einer oder mehreren Personen verstanden. Interviews stellen wertvolle Möglichkeiten dar, aus direkten Gesprächen verbale und nonverbale (außersprachliche) Informationen zu gewinnen (Erkenntnisgewinn). Durch die eingesetzten Interviewtypen und Interviewformen kann eine Forschungsfrage beantwortet werden. Interviewformen werden oft bei empirischen Forschungsmethoden einer Bachelorarbeit, Masterarbeit oder Doktorarbeit eingesetzt.
Die Interviews können grundsätzlich folgenderweise durchgeführt werden:
Das Interview wird in Form eines Gesprächs mit einem oder mit vielen Befragten durchgeführt.
Die Interviewfragen werden von den Befragten schriftlich beantwortet.
Es werden drei Interviewtypen unterschieden:
Unstrukturiertes Interview
Unstrukturierte Interviews erlauben es, beliebige Fragen in beliebiger Reihenfolge zu stellen und sich auf beliebige Inhalte zu konzentrieren. Der Interviewer kann seine Fragen beliebig gestalten und die früher vorbereiteten Fragen modifizieren sowie zusätzliche Fragen stellen ‒ wie in einem Gespräch. Es überwiegen dabei offene Fragen.
Problematisch ist die Auswertung solcher Interviews: Jeder Interviewte kann andere Fragen bekommen, was die Ergebnisse kaum vergleichbar macht.
Strukturiertes Interview
Bei diesen Interviews werden alle Fragen vorbereitet und in einer bestimmten Reihenfolge gestellt. Auch bekommt der Interviewer bestimmte Vorgaben zur Durchführung der Untersuchung. Seine Rolle beschränkt sich darauf, Fragen zu stellen und Antworten zu notieren bzw. aufzunehmen. Solche Interviews werden am häufigsten bei Marketinguntersuchungen benutzt.
Semistrukturiertes Interview
Sie bilden eine gemischte Form aus strukturierten und unstrukturierten Interviews. Neben den vorbereiteten Fragen kann man auch Fragen stellen, die es erlauben, sich mit einem ausgewählten Aspekt vertiefend auseinanderzusetzen.
Die Interviewtypen werden abhängig von der gewählten Interviewform angewandt.
Es wird zwischen folgenden Interviewformen differenziert:
Bei diesem Interview wird ein in unterschiedlichem Grade strukturierter Leitfaden mit mehr oder weniger strengen Vorgaben für den Interviewer vorausgesetzt. Die interviewte Person muss nicht unbedingt ein Experte sein. Ein Leitfadeninterview kann auch bei einigen der unten genutzten Interviewformen eingesetzt werden, wie z. B. Experteninterview oder problemzentriertes Interview.
Der Befragte wird nach einem Leitfaden befragt, der vorab erstellt wurde.
Für dieses Interview ist der Leitfaden unabdingbar. Das Interview konzentriert sich auf ein Problem und beantwortet eine Fragestellung, die für die Gesellschaft wichtig ist. Sie unterscheidet sich darin von dem Leitfadeninterview, dass bei einem problemzentrierten Interview neue Annahmen erstellt werden (theoriegenerierend), bei einem Leitfadeninterview werden hingegen die bestehenden Annahmen überprüft (theorieüberprüfend).
Eingesetzt wird diese Interviewform oft in der Marktforschung bei innovativen Produkten oder Dienstleistungen oder in der Sozialforschung zu bestimmten Erlebnissen oder Kenntnissen der Befragten.
Bei dem Experteninterview handelt es sich um ein Leitfadeninterview, bei dem die Befragten Experten sein müssen. Der Leitfaden muss bei diesem Interview gut vorbereitet werden, damit der Interviewer dem Experten Fragen gezielt stellen kann, wie es etwa bei Abschlussarbeiten der Fall ist.
Ein Mitarbeiter des Unternehmens XXX aus dem Bereich Marketing wird bezüglich der Effektivität ihrer Marketingstrategie befragt.
Bei diesem Interview (auch Gruppendiskussion genannt) werden mehrere Personen gleichzeitig befragt, der Interviewer bleibt dabei im Hintergrund, auch wenn er das Gespräch leitfadengestützt steuern kann.
Diese Interviewform wird in der Marktforschung als eine kostengünstigere Alternative zu Einzelinterviews oder im Bewerbungsprozess eingesetzt.
Bei diesem Interview steht oft die befragte Person im Mittelpunkt (befragtenorientiert). Diese Interviewform hat einen erzählenden (narrativen) Charakter und ist wenig strukturiert (oft ohne Interviewleitfaden). Daher hat vor allem der Interviewte das Rederecht und wird kaum vom Interviewer unterbrochen. Am häufigsten wird es bei biografischen Fragestellungen eingesetzt.
Solche Interviews wurden bei der Erforschung der Frage eingesetzt, wie die Kriegsgeneration ihre lebensgeschichtlichen Erfahrungen verarbeitet hat.
Bei diesem Interview werden biografische Informationen erfragt, daher ist es teilstandarisiert oder narrativ.
Eingesetzt werden kann es zur Rekonstruktion von Quereinstiegsmotivationen beim Einstieg in einen bestimmten Beruf.
Bei dieser Interviewform werden Befragung und Erzählung verbunden. Erfragt werden dabei das subjektive Wissen bzw. persönliche Erfahrungen des Interviewten.
Es werden Personen bezüglich der Kommunikationssituation in der Familie befragt.
Zur Abrundung des Beitrags werden hier quantitative Interviewformen vorgestellt, die sich durch einen hohen Standardisierungsgrad auszeichnen und vor allem der Gewinnung vergleichbarer, statistisch auswertbarer Daten dienen.
Strukturiertes Interview
Beim strukturierten Interview erhält jede teilnehmende Person exakt dieselben Fragen in identischer Reihenfolge. Die Fragestellungen bestehen häufig aus geschlossenen Ja-/Nein- oder Multiple-Choice-Antworten, wodurch:
Diese Methode ist besonders geeignet, wenn Sie große Stichproben schnell und kosteneffizient analysieren möchten. Ein Beispiel hierfür wäre eine Umfrage unter Studierenden zur Zufriedenheit mit dem Mensaangebot, bei der Fragen wie „Wie oft essen Sie in der Mensa?“ oder „Bewerten Sie das Preis-Leistungs-Verhältnis: sehr gut / gut / befriedigend / mangelhaft / ungenügend“ standardisiert gestellt werden.
Standardisiertes Leitfadeninterview
Das standardisierte Leitfadeninterview verbindet die Vorteile geschlossener Fragen mit einigen offenen Elementen. Ein fester Fragenkatalog sorgt für Vergleichbarkeit, während gezielt eingeplante Freitextfelder den Befragten Raum für erläuternde Antworten bieten. So lassen sich:
Beispiel: Eine Mitarbeiterbefragung zu Arbeitsklima und Entwicklungsmöglichkeiten kann standardisierte Skalenfragen („Wie bewerten Sie Ihr Arbeitsumfeld auf einer Skala von 1–5?“) enthalten, ergänzt durch Freitextfelder („Bitte erläutern Sie, welche Verbesserungen Sie sich wünschen.“).
Panel-Interview
Beim Panel-Interview werden immer wieder dieselben Befragten über mehrere Zeitpunkte hinweg befragt. Die Fragen bleiben größtenteils unverändert, um Veränderungen in Einstellungen oder Verhalten statistisch abbilden zu können. Vorteile sind:
Beispiel: Ein jährliches Stimmungsbarometer unter Alumni zur Studienzufriedenheit, das dieselben Absolvent:innen über fünf Jahre hinweg begleitet.
Mit diesen quantitativen Methoden ergänzen Sie Ihr Kapitel zu Interviewformen um standardisierte Verfahren, die sich ideal zur Hypothesenprüfung und statistischen Datenanalyse eignen.
Interviewform | Strukturierungsgrad | Flexibilität | Anwendungsbereich | Zielsetzung |
---|---|---|---|---|
Unstrukturiertes Interview | Gering | Sehr hoch | Explorative Studien, wenig Vorwissen | Erforschung neuer Themen, Generierung von Hypothesen |
Halbstrukturiertes Interview | Mittel | Hoch | Qualitative Forschung, Tiefeninterviews | Kombination aus Vergleichbarkeit und Offenheit |
Strukturiertes Interview | Hoch | Gering | Quantitative Sozialforschung, Meinungsumfragen | Erhebung standardisierter und vergleichbarer Daten |
Fokusgruppeninterview | Variabel | Mittel | Marktforschung, Teamdynamik-Studien | Erfassung kollektiver Meinungen und Gruppendynamiken |
Panel-Interview | Hoch | Gering | Längsschnittstudien, Trendanalysen | Beobachtung von Meinungs- und Verhaltensänderungen über Zeit |
Wichtige Tipps für Interviewer
Die in Interviews gestellten Fragen sollen keine Entscheidungsfragen darstellen, da dies das Interview zu einer Prüfung macht. Entscheidungsfragen mit Warum? / Welche? usw. eignen sich viel besser. Der Interviewer sollte darüber hinaus die Befragten unter keinen Umständen korrigieren und seine Ungeduld zeigen. Die Befragten sollten vielmehr das Gefühl haben, dass ihre Antwort zufriedenstellend war.
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